Das Untere Belvedere am Wiener Rennweg ist bekannt für seine ausgezeichneten Kunstausstellungen. Im ehemaligen Sommerwohnsitz des legendären Feldherren Prinz Eugen werden moderne Wechselausstellungen der Belvedere Galerie gezeigt. Ich habe mich für euch in den Ausstellungsräumen umgesehen.
Talking Heads – Franz X. Messerschmidt und die Moderne (läuft noch bis 18. August 2019)
Der Deutsch-Österreichische Künstler Franz Xaver Messerschmidt 1736 – 1783) revolutionierte die Bildhauerei des Barocks. Während die klassische Barockstatue ein sehr neutrales, beinahe austauschbares Gesicht zeigt, setzt Messerschmidt mit seinen berühmten Charakterköpfen auf das Gegenteil. Er zeigt in seiner Serie, die mindestens 52 Stücke umfasst, physiognomische Besonderheiten bis hin sogar zu Grimassen.

Normalerweise werden 16 der Köpfe, die sich im Besitz der Österreichischen Galerie Belvedere befinden, in einem Turmzimmer des oberen Belvedere gezeigt. Für die aktuelle Ausstellung werden sie allerdings in den Kontext zu Künstlern der Gegenwartskunst gesetzt. So fertigte etwa Arnulf Rainer Übermalungen von Fotografien der Köpfe und seines eigenen Kopfes an, ein Projekt von Lutz Mommarz zeigt Josef Beuys zeigt eine Videoaufnahme des Künstlers selbst, der über mehrere Minuten einfach neutral in die Kamera schauen soll.
Andere Werke zeigen Darstellungen von Köpfen und Gesichtern in psychischen Extremsituationen, Anna Artaker beschäftigt sich mit dem besonders Archaischen Ausdruck von Totenmasken.

Neben ausgewählten Charakterköpfen sind ca. fünfzig Werke von Anna Artaker, Miriam Cahn, Douglas Gordon, Maria Lassnig, Mara Mattuschka, Franz Xaver Messerschmidt, Lutz Mommartz, Bruce Nauman, Tony Oursler oder Arnulf Rainer zu sehen.
Stadt der Frauen – Weibliche Künstler zu Zeiten der Wiener Moderne (läuft noch bis 19. Mai 2019)
Die zweite aktuelle Ausstellung im unteren Belvedere beschäftigt sich mit der Rolle der Frau in der Kunst zu Zeiten von Schiele, Klimt & Co.
Wien war im endenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert ein Zentrum der Europäischen Kunst. Wenn man als Frau den Pinsel schwingen wollte, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, hatte man es alles andere als leicht. An der Sezession durfte man nicht Mitglied werden, an Ausstellungen nur auf besondere Einladung teilnehmen. Dennoch gelang es einigen aufgrund ihrer emanzipatorischen Leistung, die Kunst zur damaligen Zeit aktiv mitzugestalten. Sie mussten hart um ihre Ausbildungschancen kämpfen und entwickelten Strategien der Eigenvermarktung unabhängig von den Männer dominierten Künstlergemeinschaften. Trotzdem geriet der Name von vielen hinter den großen männlichen Charakterköpfen der Wiener Moderne (Klimt, Schiele & Co.) in Vergessenheit.

Viele der mehr oder weniger bekannten Künstlerinnen der Wiener Moderne werden nun in einer retrospektiven Ausstellung gezeigt.
Gezeigt werden Werke von: Ilse Bernheimer, Maria Cyrenius, Friedl Dicker, Marie Egner, Louise Fraenkel-Hahn, Helene Funke, Greta Freist, Margarete Hamerschlag, Fanny Harlfinger-Zakucka, Hermine Heller-Ostersetzer, Johanna Kampmann-Freund, Elisabeth Karlinsky, Erika Giovanna Klien, Broncia Koller-Pinell, Frida Konstantin Lohwag, Elza Kövesházi-Kalmár, Leontine von Littrow, Elena Luksch-Makowsky, Mariette Lydis, Emilie Mediz-Pelikan, Teresa Feodorowna Ries, Mileva Roller, Frieda Salvendy, Emma Schlangenhausen, Anny Schröder-Ehrenfest, Lilly Steiner, Helene Taussig, Ilse Twardowski-Conrat, My Ullmann, Olga Wisinger-Florian, Grete Wolf Krakauer oder Franziska Zach.

Grade lese ich ein wunderbares Buch zum Thema: https://meinkunstbuch.wordpress.com/2019/09/24/art-essentials-frauen-in-der-kunst/
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