Das österreichische Parlament hat seinen eigentlichen Stammsitz an der Wiener Ringstraße. Das Gebäude liegt direkt dem Volksgarten und dem Rathaus benachbart. Doch wer dort heute vorbeikommt, wundert sich über die großen Baucontainer und die Umzäunung.
Das Gebäude, das 1874 bis 1883 von Theophil Hansen errichtete Gebäude wird 2017 bis (geplant) 2020/21 saniert. Trotzdem muss die Parlamentsarbeit weitergehen und die derzeit 183 Mitglieder des Nationalrats und die 61 Mitglieder des Bundesrats müssen regelmäßig zu Sitzungen zusammentreten. Ich hatte die Ehre, das Ausweichquartier für die Sitzungen besuchen zu dürfen. Der befindet sich in der altehrwürdigen Hofburg.

Redoutensäle
Direkt benachbart zum Trakt der Nationalbibliothek befindet sich der Redoutensaaltrakt, der unter anderem auch die Winterreitschule der Spanischen Hofreitschule beheimatet.
Keine geringere als Kaiserin Maria Theresia ließ ein altes Opernhaus umbauen. Das geschah anlässlich der Hochzeit von ihrem ältesten Sohn und Thronfolger Joseph II. mit Isabella von Bourbon-Parma im Jahr 1760. So fand auch die rauschende Hochzeitsfeier im barocken, von Maria Theresias Lieblingsarchitekten Nikolaus Pacassi und Franz Hillebrandt eigens gestalteten Trakt statt.
Auch danach wurde hier Geschichte geschrieben. Immer wieder fanden hier hier Konzerte statt, die Wiener Philharmoniker führten hier genauso auf wie die legendären Komponisten – etwa ein Mozart.
Im Kalten Krieg rückte der Redoutensaal wieder ins Licht der Öffentlichkeit – das gleich zweimal. Am 3. und 4. Juni 1961 trafen sich hier Nikita Chruschtschow und John F. Kennedy im Versuch, die Spannungen zwischen der Sowjetunion und der USA auf neutralem Boden abzubauen, was zunächst nur wenig Wirkung zeigte.

18 Jahre später trafen mit Leonid Breschnew und Jimmy Carter erneut ein Sowjet- und ein US-Präsident aufeinander, um das SALT-II (Strategic Arms Limitation Talks) Abkommen im Redoutensaal zu unterzeichnen.
1992 wurde beinahe der gesamte Trakt zerstört. In der Nacht vom 26. auf 27. November geriet der Saal in Vollbrand. Nach komplexen Löscharbeiten, bei denen unter anderem die Lipizzaner der Hofreitschule in den Burggarten gebracht werden mussten. Nur mit viel Mühe konnte die Ausbreitung auf die kostbaren Kunstschätze der Nationalbibliothek verhindert werden.
Der kleine Redoutensaal wurde wenig beschädigt und im Rahmen des Wiederaufbaus original wieder rekonstruiert.

Der Hauptsaal wurde erneuert und mit großflächigen Kunstwerken des Gegenwartskünstlers Josef Mikl ausgestattet. Diese symbolisieren mit den Farben Orange und Blau das Feuer und die Löscharbeiten. Versteckt in den Gemälden sind Zitate von Johann Nepomuk Nestroy, Ferdinand Raimund, Karl Krauss und Elias Canetti eingearbeitet.
Der ehemalige Dachboden wurde von Manfred Wehdorn zu einem Dachfoyer mit Besprechungsraum in einer Kugel und großem Panoramafenster ausgebaut.


Seit Herbst 2017 tagen nun die Abgeordneten des National- und Bundesrats im großen Redoutensaal.
Info
An Führungen kann man an sitzungsfreien Tagen teilnehmen. Sie finden täglich (außer Sonntags) um 10.45, 11.45, 12.45, 13.45, 14.45 und 15.45 statt. Zählkarten sind beim Eingang am Josefsplatz erhältlich. Sie können auf Deutsch, Englisch, auf Voranmeldung auf Italienisch, Spanisch und Französisch durchgeführt werden. Dauer ca. 55 Minuten.