Ja, Wien hat viel zu bieten. Ich muss allerdings zugeben, dass ich zu den Wienern gehöre, die im Sommer lieber das Umland von Wien erkunden, während sich die Wien-Besucher in den großen Museen tummeln.
Als echter Hundemensch ist eines meiner liebsten Ziele im Wildpark Ernstbrunn. Denn hier gibt es eins der wenigen Wolfsforschungszentren Europas. Hier geht es um ein gerade in den letzten 10 Jahren hochemotionalisiertes Thema – Den Wolf.
Wolf Science Center
Wolfsforschung im Weinviertel
Das WSC, ursprünglich 2008 in Grünau im Almtal gegründet, nimmt seit 2009 gleich mehrere Gehege ein und bildet seit 2009 einen großen Schwerpunkt des Tierparks Ernstbrunn. Alles begann mit vier Timberwölfen aus dem Tierpark Herberstein, die von Hand aufgezogen wurden (wie es bei Gehegewölfen üblich ist).

Grundlage der Forschung des WSC ist die Frage, wie sich Hunde nach der Domestikation in Intelligenz, Kooperationsfähigkeit usw. unterscheiden. Dazu wird in Ernstbrunn auch ein großes Hunderudel gehalten. Sowohl Wölfe als auch Hunde werden in Ernstbrunn unter gleichen Bedingungen gehalten – sie leben in sozialen Rudeln zusammen und haben viel Raum (Wölfe 16000 – Hunde 4000 Quadratmeter).
Die Grauwölfe werden als Welpen aus Kanada, den USA oder Russland geholt und von Hand aufgezogen, um einen Kontakt zu den Menschen und damit ein gleichartiges Training wie mit den Hunden zu ermöglichen. Derzeit leben 15 Tiere in 4 Rudeln.

Im Gegensatz zu anders lautenden Gerüchten stammen die wildlebenden Wölfe aus dem Truppenübungsgebiet von Allentsteig nicht von den Tieren in Ernstbrunn ab. Sie gehören 1. einer anderen Wolfsrasse an (Amerikanischer Grauwolf, nicht wie in Allentsteig Eurasischer Wolf). 2. wird in Ernstbrunn gezielt keine Zucht betrieben – die Tiere sind alle kastriert um sexuell motiviertes Verhalten zu verhindern. Nachkommen gibt es also keine – weder in Allentsteig, noch sonstwo auf der Welt.
Das Hunderudel besteht derzeit aus 11 Tieren, größtenteils Straßenhunde aus Ungarn, zum Teil aber auch aus eigener Nachzucht. Es sind allesamt Mischlingshunde, da man rassespezifische Effekte vermeiden will.

In der Mitte zwischen den Gehegen liegt das Forschungszentrum, in dem die Besucher die Arbeit durch einen Einwegspiegel beobachten können. Das ermöglicht, dass man die Forschung hautnah erleben kann.
In den Experimenten werden Hunde und Wölfe in unterschiedlichsten Themenbereichen verglichen. Ein bedeutendes Ergebnis ist etwa die Reaktion auf ungleiche Belohnung auf gleiche Leistungen – woraufhin die schlechter behandelten Wölfe noch schneller die Mitarbeit verweigerten als die schlechter behandelten Hunde. Ein weiteres spannendes Ergebnis ist die Kommunikation mit dem Menschen. Hunde, die vor eine unlösbare Aufgabe gestellt sind, suchen wesentlich schneller Unterstützung beim Menschen als die Wölfe, die beharrlich die Aufgabe zu lösen versuchten – ein Ergebnis der 10000 Jahre andauernden Domestizierung.
Im Wolf Science Center in Ernstbrunn bekommt man nicht nur die Wölfe hautnah zu sehen. In den öfffentlichen Wochenendführungen bieten sich großartige Einblicke in die spannende Forschungsarbeit des Zentrums. Denn hier sind die Wölfe (und Hunde) nicht nur zum Anschauen, sie leisten auch einen spannenden Beitrag zur vergleichenden Verhaltensforschung. Für mich gehört das WSC jedes Jahr zum sommerlichen Ausflugspflichtprogramm.

Info
Das Wolf Science Center ist Teil des Wildparks von Ernstbrunn. So ist der Eintritt ins Wolfsforschungszentrum auch im Eintritt (7,40€ für Erwachsene, 4,50€ für Schüler, Zivil- und Präsenzdiener, 3€ für Kindergartenkinder) inkludiert.
Führungen finden im Sommer Samstags, Sonn- und Feiertags um 11:00 und um 14:00 statt. Zusätzlich zum Eintritt werden dafür 5,50€ für Erwachsene, 3,30€ für Kinder fällig. Die sind direkt am kleinen Shop bei den Wolfsgehegen zu zahlen, eine Anmeldung ist nicht nötig. Es lohnt sich, die Führung dauert etwa 1,5 – 2h. Neben einer ausführlichen Führung zu den unterschiedlichen Wolfsrudeln geben die Tierpfleger auch kleine Vorführungen des täglichen Trainings mit den Tieren.
Neben den regulären Führungen gibt es weitere Angebote – etwa Wolfsspaziergänge und Kommunikationstrainings. Näheres dazu findet ihr auf der Homepage des WSC.
Ein Kommentar