#barockstars – Ein Treffen mit Caravaggio & Co im Kunsthistorischen Museum Wien

Jedes Jahr im Herbst passiert im Kunsthistorischen Museum großes – es werden Alte Meister aus allen Teilen der Welt herbeigebracht, um einige von ihnen besonders zu ehren. In diesem Jahr sind es die beiden Italiener Michelangelo Merisi da Caravaggio und Gian Lorenzo Bernini.

Caravaggio und Bernini im KHM

Ich muss zugeben, obwohl ich mich häufig und gerne in Museen aufhalte und gerade die Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums sehr schätze, musste ich wie jedes Jahr erstmal genau nachschauen, wer die beiden denn genau sind, die im Mittelpunkt der diesjährigen Ausstellung stehen.

Caravaggio (1571 – 1610)

Michelangelo Merisi wurde in Mailand geboren, nach dem Herkunftsort seiner Eltern ist er aber bis heute nur unter dem Namen Caravaggio bekannt. Mit seiner völlig neuartigen, realitätsnahen Bildgestaltung gilt er als einer der Wegbereiter der Kunst des Barocks. Ähnlich wie sein Kollege Bernini einige Jahre später ging er nach Rom und gehörte schnell zu den Künstlern, die im Auftrag der Päpste arbeiteten. Und so begegnet man Caravaggios Hauptwerk bis heute in Form von Altarbildnissen in drei römischen Kirchen.

So steht auch ein Werk des Meisters im Mittelpunkt der Ausstellung – aus den Beständen des Kunsthistorischen Museums stammt die Rosenkranzmadonna, die wohl einst für eine Dominikanerkirche bestimmt war. Welche genau und warum der Auftrag am Ende scheiterte, ist bis heute nicht bekannt.

Betrachter von Caravaggios Rosenkranzmadonna

Caravaggios Bilder haben (selbst für das Zeitalter des Barocks) eine ganz besondere Intensität und scheinen unmittelbar mit dem Betrachter in Kontakt zu treten. Das kann manchmal etwas gruselig werden, vor allem bei dem „David mit dem Haupt des Goliath“ oder bei den vielen anderen Enthaupteten, die Caravaggio mit einer gewissen Vorliebe abbildete. Besonders vom enthaupteten Johannes dem Täufer gibt es gleich mehrere Varianten.

Da hat jemand den Kopf verloren

Bernini (1598 – 1680)

Den Namen Bernini kennt jeder Thriller Leser. Schließlich war er der Architekt, der sich unter anderem für den Bau des Petersplatzes in Rom verantwortlich zeichnete und dessen Werken Robert Langdon in Dan Browns Illuminati durch Rom folgte, um am Ende den Verrückten zu stellen, der Kardinäle tötet und den Vatikan mit Antimaterie in die Luft sprengen wollte.

Damit war ich aber schon am Ende meiner Kenntnisse. Im Gegensatz zu seinem Kollegen Caravaggio arbeitete Bernini ausschließlich mit Stein und Holz, erfolgreich hauchte er seinen Figuren und Figurinen Leben ein. Viele seiner Werke sind nicht beweglich und zieren Kirchen in Rom, unter anderem im Petersdom, da er unter dem Patronat für Papst Urban II. viel für den Vatikan arbeitete und sogar den Petersplatz in seinem heutigen Zustand als Architekt entwarf. Auch der berühmte Baldachin über dem Hauptaltar des Petersdoms stammt vom großen und produktiven Künstler, der immerhin das stolze Alter von 82 Jahren erreichte.

Seine Figuren und auch die Figuren der Künstler, die Bernini beeinflusst hat, scheinen jeden Moment das Reden zu beginnen. Was etwa in der römischen Antike noch idealisiert dargestellt wurde, hat heute leichtgeöffnete Lippen, als würden sie gleich zu reden beginnen. Figurengruppen wirken, als wären sie direkt in der Bewegung eingefroren.

Berninis heiliger Sebastian
Eros und Anteros von Alessandro Algardi

Was die Ausstellung einzigartig macht

Alleine die thematische Gegenüberstellung von Bildhauer- und Malerkunst ist untypisch und außergewöhnlich für die Gemäldegalerie, die sich – wie der Name schon sagt – auf die Ausstellung von Gemälden aus Renaissance und Barock spezialisiert ist.

Auch die Kombination der beiden Künstler scheint außergewöhnlich, haben sie sich doch zu Lebzeiten nie kennengelernt. Zwar arbeiteten beide in Rom, der ältere Caravaggio starb allerdings, als Bernini gerade einmal 12 Jahre alt war.

Die Ausstellung zeigt 10 Werke Caravaggios und 13 Werke Berninis, denen weitere Werke großer Barockkünstler gegenübergestellt werden. Thematisch gemeinsam ist den Werken eine unglaubliche Intensität und eine Dramatik, die man so nur im italienischen Barock finden kann. Es geht um Leid & Mitleid, es geht um Lebhaftigkeit und Amore, es geht um Entsetzen & Schrecklichkeit.

Die beiden großen Künstler werden in Kontext gesetzt mit Bildhauern und Malern des frühen Barock, die von den Werken Berninis und Caravaggios beeinflusst wurden. Insgesamt 70 Leihgaben wurden aus aller Welt zusammengetragen – dabei haben Privatsammler genauso ihren Beitrag geleistet wie der Louvre in Paris, die Uffizien in Florenz, die National Gallery in London oder die Eremitage in St. Petersburg und viele, viele mehr.

Fröhliche Gesellschaft mit Wahrsagerin von Valentin de Boulogne

Wenn man die Bilder lange genug betrachtet, beginnen sie mit einem zu kommunizieren (nein, ich bin nicht verrückt). Die Figuren und die Lichtgebung sowie die oft sehr lebensechten und detailreichen Gemälde und Figuren scheinen gerade in der Bewegung eingefroren zu sein, ein in Stein gehauener Kardinal etwa hatte sich nachlässig gekleidet, was der Künstler mit viel Humor festgehalten hat.

Wegweiser schon im Stiegenhaus

Wichtig für den Besuch ist es, frühzeitig einen Timeslot zu buchen – die Ausstellung ist sehr beliebt, es kann sonst zu Wartezeiten kommen. Außerdem kostet der Besuch der Ausstellung 5€ zusätzlich zum normalen Eintritt. Tipp: Am Abend oder am frühen Vormittag ist es etwas weniger voll.

Da es bei vielen Werken wirklich auf die Details ankommt, sollte man sich Zeit nehmen und wenn möglich auch eine Führung mitmachen, um die Werke in ihrer Ganzheit aufnehmen zu können. Ich bin selbst einmal ohne und einmal mit Führung durchgegangen und habe bei der zweiten Runde bei weitem mehr mitgenommen und gelernt.

Buchen könnt ihr über den Shop des Kunsthistorischen Museums.

Die Kunst der Barockstars im ehrwürdigen KHM

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