Wer schon einmal in Wien war, vielleicht den berühmten Canaletto-Blick vom Oberen Belvedere aus gesehen hat, dem werden vielleicht die vielen, kleinen, goldenen Kuppeln aufgefallen sein, die über dem Botschaftsviertel im Dritten Bezirk in der Sonne glänzen. Doch einen kleinen Ausflug haben wohl eher wenige Leute gewagt – zur russisch-orthodoxen Kathedrale.
Sie liegt direkt neben der Stammstrecke der S-Bahn unweit der Station Rennweg unmittelbar neben der Russischen Botschaft und neben der Baulücke, in der die neue Deutsche Botschaft entstehen soll.

Die Kathedrale des Hl. Nikolaus
Geschichte
Errichtet wurde die Kirche im späthistoristischen Stil in den Jahren 1893 – 99. Die Pläne stammten von Grigorij Iwanowitsch Kotow und wurden vom italienischen Architekten Luigi Giacomelli ausgeführt. Sie entstand zunächst als reine Botschaftskirche, die aber auch der wachsenden russischen Gemeinde in Wien zugänglich gemacht wurde.
Die Baukosten von 400000 Rubel wurden vollständig durch eine Spende von Zar Alexander III. aufgebracht. 1899 wurde die Kirche dem heiligen Nikolaus geweiht. An der Decke hängen 5 goldene Kronleuchter, vor allem der im Zentrum ist gewaltig. Allesamt waren ein Geschenk von Nikolaus II., dem letzten russischen Zaren.

Doch schon 1914 wurde die Kirche erstmalig geschlossen, als aufgrund der sich verschlechterten diplomatischen Beziehungen zwischen dem Kaisertum und dem Zarenreich das Personal der Botschaft abgezogen wurde. 1924 wurde sie für Gläubige wieder zugänglich, doch mit dem aufkommenden Stalinismus und der Ablehnung jedlicher Religion, wurde die inzwischen der Botschaft angegliederte Kirche ausschließlich als Lagerraum genutzt.

Mit dem Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland wurde sie aber erneut geschlossen und der Reichsmusikschule zur Nutzung übereignet. Doch schon 1946 (viel früher als in Russland) wurde die Kirche wieder geöffnet, 1948 spendete die Rote Armee sogar die neue Glocke. Ab 1962 wurde die Nikolaus-Kathedrale Bischofssitz der russisch-orthodoxen Diözese.
Ihre heute prächtige Ausmalung und Ikonostase entstand allerdings erst im Zuge der umfassenden Renovierungsarbeiten 2003 bis 2008. Der führende Ikonenmaler Archimandrit Zinon nutzte dazu rund 1500 m2 Wandfläche voll aus, um eine traditionell byzantinische Ikonostase zu schaffen. Die Bilderzyklen führen in die Hauptfeste des Kirchenjahres ein und stellen für die Russische Kirche bedeutende Heilige, Asketen, Propheten und Märtyrer überlebensgroß dar, wie den Heiligen Sergius von Radonež, den bekannten Reformer des russischen Mönchtums im 14. Jahrhunderts., den Heiligen Serafim von Sarov, einen der bekanntesten Starzen des 19. Jahrhunderts.

Wie kommt man hin?
Aus der Innenstadt nimmt man am einfachsten die Tramway 71 und steigt entweder am Unteren Belvedere oder am Rennweg aus – der Fussweg ist etwa der gleiche.
Vom Unteren Belvedere aus geht man in die Salesianergasse und dann unmittelbar rechts in die Jaurésgasse, der man dann folgt, bis man auf die Kathedrale trifft.
Vom Rennweg aus folgt man der Ungargasse Richtung Innenstadt. Direkt nach den Hotel Imperial Riding School geht man nach Links in eine Gasse, von der aus man die Kirche schon sehen kann. Die Gleise der S-Bahn überquert man über eine Brücke.
Öffentlich zugänglich ist die Kathedrale täglich von 10 bis 14 Uhr (Ausnahme zu Gottesdiensten).

