Reiserecht – Mein Recht als Fluggast (mit persönlichen Erlebnissen und Beispielen)

Wenn ich mich in den Instagram Stories umschaue, sehe ich immer wieder Leute, die gelangweilt am Flughafen rumhängen, weil ihr Flieger Verspätung hat. Bekannte schreibe ich dann oft an und frage nach, ob sie denn ihre Fluggastrechte kennen – als Antwort kommt meistens „nein“. Denn im Gegensatz zur Bahn bekommt man von den meisten Fluglinien keine Aufklärung darüber, was man als Fluggast so alles bekommt, wenn der Flug verspätet ist oder sogar ausfällt.

Verspätung/Annulierung

Das wohl ärgerlichste ist eine Flugverspätung oder gar eine Annulierung. Gerade, wenn man auf dem Heimweg ist und schon darauf eingestellt, wieder im eigenen Bett zu schlafen, kann das einen schonmal ziemlich fertig machen.

Dass das aber bedeutet, dass einem nach EU Recht eine Entschädigung von bis zu 600€ pro Person zusteht, wissen viele gar nicht.

Das hat verschiedene Voraussetzungen:

  • Die Airline muss eine EU-Registratur haben. Die Amerikanischen Airlines sind somit rechtlich genauso wenig daran gebunden wie die Asiatischen oder Afrikanischen. Für die gelten individuelle Regelungen oder eine gewisse Kulanz.
  • In dem Zusammenhang sollte der Flug entweder in der EU gestartet oder gelandet sein.
  • Von den Regelungen ausgenommen sind auch Flüge, die aufgrund von „außergewöhnlichen Umständen gestrichen werden. Dazu gehören Sperrungen des Flughafens/Luftraums, politische Instabilität, unvermeidbare Sicherheitsrisiken, Streiks, Vögel im Triebwerk, Unwetter.

Meine eigenen Erfahrungen

  • Fall 1 – 1 night in Amsterdam mit der KLM von Lima nach Wien

Fangen wir gleich mal mit dem wohl lohnenswertesten Fall an. Gleichzeitig war das auch das erste mal, wo ich mich wirklich mit Passagierrechten beschäftigt habe. Wir kamen nach 3 Wochen Rundreise aus Peru zurück. Die Stimmung war am Boden, als wir schon in Lima erfuhren, dass wir den Anschlussflug in Amsterdam nicht bekommen würden. So war die KLM schon bestens ausgerüstet, als wir landeten. Wir wurden unmittelbar vom Personal begrüßt und den Flughafenhotels zugewiesen, der nächste Flug ging erst am nächsten Morgen. Wir bekamen also ein Necessaire, ein Gutschein für ein Abendessen im Hotel und eine Nächtigung im Luxusflughafenhotel.

Wieder zu Hause habe ich dann tatsächlich mal ein bisschen geschmökert und stieß auf die Geschichte mit den 600€, die gültig sind, wenn man am finalen Zielort der Buchung mit 3h Verspätung eintrifft. Ich war mir unsicher, weil wir in Amsterdam nicht 3h verspätet ankamen. Doch KLM hatte das Ganze innerhalb von 14 Tagen bearbeitet und schon waren sage und schreibe 2400€ auf dem Konto (wir waren zu 4. unterwegs).

  • Fall 2 – Essensgutscheine in Tokio

Auch wenn die Wartezeit für eine Entschädigung nicht ausreicht und man schon bei der Ankunft am Flughafen erfährt, dass man eine längere Wartezeit haben wird, lohnt es sich, am geplanten Gate vorbeizuschauen. Und das fällt wohl in die Kategorie „Man muss es nur wissen“. In Tokio erfuhren wir von etwa 2 1/2h. Am Gate kann man dann ab 2h Verspätung seinen Anspruch auf 2 Emails/Telefonanrufe geltend machen wenn man die denn braucht. Zudem gibts was zu Essen. In Tokio bekamen wir einen Gutschein über eine Mahlzeit + Getränk in den Flughafenrestaurants.

Tipps:

Fangt nicht direkt an, eure Rechte über Spezialplattformen wie Flightright o.ä. einzufordern. Da der Prozess 3 Jahre Zeit hat, kann man ruhig erstmal direkt die Airline anschreiben und den Fall schildern. Ich hatte bisher einen eigenen Fall mit der KLM und habe Freunde bei Eurowings bzw. Austrian Airlines unterstützt. Und in allen drei Fällen gab es anstandslos die Entschädigung. Die Portale – die zwischen 10 und 25% Erfolgsprovision fordern – kann man immernoch einschalten, wenn die Airline negativ antwortet.

Wenn die Airline irgendwas von „besonderen Umständen“ erzählt, würde ich immer trotzdem versuchen, die Entschädigung zu bekommen. Es kostet nichts, außer vielleicht Zeit und bei einer Bekannten stellte sich das angebliche Unwetter als nichtig heraus und die Airline (Eurowings) zahlte anstandslos.

Überbuchung

Ich hatte schon häufiger auf der Strecke Frankfurt – Wien das Problem, dass der Flug überbucht war. Ich muss zugeben, ich frage inzwischen schon am Gate, ob das der Fall ist.

Der Grund dafür ist ganz einfach:

Die Flugstrecke wird in etwa stündlich von der Austrian Airlines bzw. von der Lufthansa bedient. Tritt man freiwillig von seinem gebuchten Flug zurück, wird man automatisch auf den nächsten freien Flug umgebucht, muss also nur eine, maximal zwei Stunden warten. Der Clou dabei: man bekommt eine Entschädigung von 250€ dafür (was etwa dem doppelten Preis für Hin- und Rückflug entspricht). Wenn man Glück hat, (bei mir war das bisher zweimal der Fall) bekommt man also einen ordentlichen Stundenlohn.

Gepäckrecht

Gepäck ist ja bei Flügen ein schwieriges Thema, vor allem bei den Billigairlines, bei denen man schonmal ordentlich nachzahlen muss, wenn man zu viel hat. Daher ist es empfehlenswert, vorher genau die Buchungsbestätigung der Airline genau zu lesen. Die sind sehr individuell, daher kann man nicht unbedingt von einer Airline auf die andere schließen.

Ärgerlicher ist es, wenn das aufgegebene Gepäck verspätet ankommt oder ganz verschwindet.

Wenn das der Fall ist, sollte man dies möglichst direkt beim Verlustschalter melden – der ist IMMER in der Nähe der Gepäckbänder. Dort füllt man ein Formular aus und bei meinen beiden Fällen zumindest konnte man mir direkt sagen, wo das Gepäck ist und wann es ungefähr bei mir sein wird.

Als nächstes können Ersatzkäufe getätigt werden. Die Belege sollte man aufheben, man kann sie am Ende bei der Airline einreichen und bekommt eine Teilerstattung – die ist abhängig vom Zeitwert. Meiner Erfahrung nach werden Drogerieartikel zu 100% und Kleidung in etwa zu 50% übernommen (man kann sie ja weiter nutzen, wenn der Koffer wieder da ist). Das wird aber jeweils individuell festgestellt.

Ist das Gepäck 21 Tage nach der Landung noch nicht wieder aufgetaucht, gilt es als verloren. Man sollte dann erneut eine Schadensmeldung an die Airline ausfüllen, um einen Schadensersatz von (laut Montrealer Abkommen) 1333€ geltend zu machen. Die Schadensersatzhöhe ist abhängig vom Zeitwert von Koffer und Kofferinhalt. Den sollte man realistisch darstellen können – bestensfalls mit Rechnungen. Transportiert man Dinge mit höherem Wert, kann man dies bei der Airline angeben und eine zusätzliche Versicherung abschließen.

Auch bei Gepäckbeschädigung gilt das Montrealer Abkommen. Man erhält den Zeitwert des beschädigten Stücks bzw. die Reparaturkosten – auch hier liegt die maximale Entschädigung bei 1333€.

Meine eigenen Erfahrungen

Mein Gepäck ist zweimal verloren gegangen – interessanterweise war beide Male die Lufthansa beteiligt. Allerdings muss man ja ehrlicherweise sagen, dass die Airline meist weit weniger dafür kann als der Flughafen.

  • 1. Fall – Flughafen-Shutdown wegen Schnee

Es schneit – immer ein Horror am Flughafen. So war es auch vor rund 10 Jahren, als wir von Frankfurt nach Rom fliegen wollten. An den Tagen vorher war der Flughafen schon mehrfach geschlossen worden – wir hätten es wissen müssen. Trotzdem gaben wir unser Gepäck ab, nur um 30 min später zu erfahren, dass ALLE Flüge für den Tag abgesagt werden.

Und wenn ALLE Passagiere ihr Gepäck abgegeben haben, konnte man sich schnell vorstellen, es brach das Chaos aus. Niemand bekam sein Gepäck einfach so zurück und damit bildete sich eine lange Schlange am Schalter.

6h später waren wir wieder zu Hause, niemand wusste, wo unser Gepäck war. Gerüchteweise soll man an den Folgetagen – es war kurz vor Weihnachten – sich am Flughafen als Passagier Zugang zu jedem dieser Koffer gehabt haben können.

Ca. 5 wütende Gespräche mit der Lufthansa Hotline (der arme Kerl im Callcenter tut mir heute noch leid), bekamen wir unser Gepäck wieder – die Kofferschlösser waren geknackt, die Weihnachtsgeschenke geklaut. Aber was soll’s, Weihnachten war ja vorbei.

Fazit – Auch wenn das Chaos ausbricht, sollte man in Ruhe abwarten. Die Kerle vom Callcenter können wirklich nichts dafür. Man sollte dann einfach die Formulare ausfüllen, sämtliche Belege aufheben und Gestohlenes und Beschädigtes (bei uns waren es beide Koffer mit den geknackten Schlössern + die beiden Weihnachtsgeschenke) anschließend in Rechnung stellen.

Die Lufthansa hat diese Rechnung anstandslos innerhalb von 5 Werktagen bezahlt.

  • 2. Fall – 3 Tage Verspätung: Der Klassiker

Der Klassiker – wieder in Frankfurt. Ich kam mit der Lufthansa von Wien aus und schon beim Aussteigen wurde mein Name aufgerufen, ich solle doch zum Verlust-Schalter kommen. Mein Koffer sollte erst im nächsten Flieger kommen. Auf 2h warten hatte ich keine Lust, zumal mein Vater mich abholen wollte und schon wartete. Da ich nicht in Frankfurt bleiben wollte, sondern ins 100 km entfernte Dillenburg fuhr, sollte mir der Koffer mit der Post zugestellt werden.

3 Tage später war er da. Inzwischen hatte ich mir 2 T-Shirts, eine Hose, ein bisschen Unterwäsche und Drogeriewaren gekauft.

Fazit: Auch hier gab es keine größeren Probleme. Ich habe die Belege unmittelbar mit einer Zusammenstellung an die Lufthansa geschickt und wie schon oben gesagt: Drogeriewaren wurden voll bezahlt, Kleidung zu 50% – das Geld war innerhalb von 5 Werktagen auf meinem Konto.

Wenn ihr Fragen zum Thema oder zu meinen Beispielen habt: schreibt sie gerne in die Kommentare. Ich versuche dann, eine Antwort für euch zu finden.

2 Kommentare

  1. bei mir war ein Flug von Lanzarote nach Stuttgart mit Condor gebucht ( Rückflug ). Auf halber Strecke ca. Ausfall vom Kabinendruck ! Flugzeug musste lt. Anweisung Notlandung in Mallorca unternehmen ( war bereits ca. 22 Uhr ). Dort waren Busse bereit gestellt die die Passagiere in verschiedene Hotel fuhren. Dort Zimmer bekommen und am nächsten Morgen Frühstück. Abholung vom Hotel und auf den Flughafen. Ersatzmaschine stand bereit. Auf dem Flug von Mallorca nach Stuttgart alles an Bord umsonst bekommen. Fazit war aber dass wir 1 Tag verspätet in Stuttgart ankamen.
    Reklamation an Condor geschrieben und ca. 2 Wochen später ca. 300.-Euro auf dem Konto. Summe weiß ich jetzt ganz genau nicht mehr !!! War unkompliziert ein Formular von Condor auszufüllen. Gesagt hat uns das natürlich niemand sondern wir haben es einfach probiert ! Kosten sind uns wie ob. erwähnt ja keine !!!!

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