#flashback – Anke im alten Machtzentrum (2015)

 

Hallo Leute!

Wie sollte man es interpretieren, wenn die Schwiegereltern einem eine Überraschungshochzeitsreise schenken und am Ende geht der Flug nach Kairo? Ich muss zugeben, dass sich meine Begeisterung angesichts der aktuellen Terrorgefahr dort etwas in Grenzen hielt. Aber es war ja lieb gemeint. Eine Eintägige Kreuzfahrt von Assuan nach Luxor sollte den Höhepunkt bilden.

Und so kamen wir morgens um halb 6 in der Nähe der alten ägyptischen Hauptstadt Theben an. Unser Transfer war für 9 Uhr geplant. Wir schmissen aber die Pläne unseres Reiseunternehmens über den Haufen und nahmen uns ein Taxi, schließlich hatten wir nur einen Tag, um all die Sights dort zu erkunden.

Eigentlich hatten wir erwartet, dass wir in Luxor selbst ankommen und dass 20 Taxis auf uns warten, deren Fahrer sich um unsere Gunst prügeln. Und weil die Concierges in den Hotels eine ordentliche Provision für das Rufen von Taxis kassieren, wollten wir darauf verzichten. Leider legte unser Schiff aber irgendwo im Nirgendwo 7 km außerhalb an – und so stand dort gerade einmal ein Taxi. Eine denkbar schlechte Verhandlungsposition. Trotzdem kamen wir mit rund 40€ für den Tag hin, der Fahrer wollte uns begleiten, überall hinbringen und uns helfen. Und das hat auch gut funktioniert. Er sprach einigermaßen passables Englisch und so hatten wir einen Guide gleich inklusive.

So brachte er uns erst auf die West Bank, wo die vielen archäologischen Stätten sind. Erste Station waren die Memnon Kolosse, die bei freiem Eintritt zugänglich sind. Die beiden riesigen Figuren zierten einst den Eingang des Amenophis Tempels, der allerdings nicht erhalten ist. Bei bestimmten Bedingungen soll der Wind so durch die Ritzen ziehen, dass es sich anhört, als würden sie pfeifen. Das war uns nicht vergönnt, WIR HATTEN JA KEINE ZEIT. Und inzwischen war es schon halb 7.

Die zweite Station war für mich sehr berührend. Es ging zum Totentempel der Hatschepsut. Irgendwie war das mein erster Berührungspunkt mit altägyptischer Archäologie. Es war nämlich der Ort, an dem 1997 68 Personen, größtenteils Touristen, bei einem Massaker getötet wurden. Ich hatte mich vorher nicht bewusst damit auseinandergesetzt, aber irgendwie kamen an dem Ort die Erinnerungen an die Nachrichtensendungen damals hoch und an die Aufregung, die damals herrschte.

Und so war es auch nicht weiter verwunderlich, dass der Taxifahrer uns 500 m vor dem Eingang rauslassen musste, denn bis vor die Türe dürfen heute nur registrierte Touristenbusse fahren, zu groß ist die Anschlagsgefahr.

Der Tempel selbst wirkt auf mich kaum, als wäre er schon weit mehr als 3500 Jahre alt. Er wirkt viel mehr wie ein ambitioniertes Architektenhaus aus den 70er Jahren (des 20. Jahrhunderts wohlggemerkt). In 3 Terrassen schmiegt er sich an den Berg, gepaart mit interessanten Reliefen und einigen Nubiern, die gleich an uns klebten, um uns die Geschichte des Tempels zu erzählen – mangels gemeinsamer Sprachkenntnisse haben wir das Angebot dann aber ausgeschlagen. Diese „Guides“, die sich anbieten, hat man leider bei beinahe jeder Sehenswürdigkeit. Leid können sie einem ja schon tun, denn die Touristen bleiben entweder aus oder haben ihren Guide dabei, wir waren an dem Tag die einzigen, die wir wahrnahmen, die alleine unterwegs waren.

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Als nächste Station wurde von uns das Ramesseum auserkoren, der Totentempel Ramses II. Dazu mussten wir aber erst zur Ticketstation fahren, an der es für alle weiteren Tempel und Gräberfelder die Eintrittskarten gibt. Ich blieb mit dem Taxifahrer im Auto, mein Mann stieg aus und holte die Tickets. Plötzlich rannten die weiß gekleideten Guards der Tourismuspolizei aufgeregt vorbei. Der Taxifahrer sagte nur „Kopf runter, ich schau mal“. Ok, spätestens jetzt war mir etwas mulmig. Am Ende war aber alles gut, die Aufregung unbegründet, wir konnten weiter.

Am Totentempel des Ramses wurde es uns dann wirklich bewusst. Denn das ist kein Primärziel der Tourigruppen (die meisten fahren zu den Memnonkolossen, zum Hatschepsut Tempel und ins Tal der Könige). Und so waren wir an dem Tag die einzigen Besucher. Direkt hatten wir einen Guide an der Backe. Der war aber echt nett, er hat uns dann sogar auf die Mauer des Tors raufgeführt und hat dafür dann auch ein fürstliches Trinkgeld bekommen. Er erläuterte uns auch in fließendem Englisch diverse Reliefs, darunter die berühmte Schlacht von Kadesh, die Ramses gegen die Hethiter geschlagen hat.

Nächste Station war dann eine Alabaster-Werkstatt. Markenzeichen der Region. Hier werden Figuren aller Art hergestellt. Aus Gastfreundschaft bekommt man dann auch ein Getränk. Das A&O ist hier das Handeln. Hier hat es mein Mann zum wahren Meister gebracht. Dass wir aus Ägypten doppelt so viele Souvenirs mitgebracht haben wie aus anderen Ländern, muss ich ja nicht verraten. Also eine neue Runde. Diesmal war mein Mann auf der Jagd nach einem Skarabeus und einem Lebensschlüssel. Und was soll man sagen, der arme Ägypter. 1250 Ägyptische Pfund wollte er haben, wir waren eigentlich schon raus, als er uns dann ein allerletztes Angebot für 200 Pfund (11€) machte. Das war schon echt viel Rabatt, extrem viel verdient haben wird er daran nicht. Aber in der Regel sollte man nicht viel mehr als die Hälfte des zuerst angebotenen Preises zahlen.

Letzte Station in Theben wurden die Gräber der Noblen. Wir entschieden uns gegen das Tal der Könige, weil sämtliche Kreuzfahrtschiffbusse dorthin unterwegs waren, was lange Wartezeiten bedeutet hätte. Und wir hatten in Luxor ja auch noch das eine oder andere geplant. Da war die Empfehlung vom Taxifahrer hier zu schauen. Und ich muss sagen, das war schon eine witzige Erfahrung, denn wir waren wirklich allein auf weiter Flur. Wir wurden an einen Guide übergeben, dessen Aufgabe es war, uns von Grab zu Grab zu bringen und die „Unterguides“ zu rufen, die für das jeweilige Grab zuständig waren. Die kamen mit dem Schlüssel herbeigeeilt und begleiteten uns hinein. Jeder wollte natürlich ein kleines Trinkgeld (in Ägypten sollte man IMMER Kleingeld in der Tasche haben, oder Stifte, oder Bon Bons, oder eine Schachtel Zigaretten – ganz egal). Witzigerweise stand an jedem (wirklich jedem) Grab, dass Fotografieren verboten sei. Doch jeder der Guides wollte erstmal ein Foto von uns beiden im Grab machen und war völlig entsetzt, wenn wir ablehnten.

Die Grabstätten hier sind oft eher weltlich ausgerichtet. Hier waren die wichtigen Beamten mit ihren Familien beigesetzt. Die Gräber sind in einem erstaunlich gutem Zustand.

Am Ende dann kamen noch ein paar junge Kerle mit kleinen Tierfiguren hinter uns her. Angeblich Alabaster, aber man muss aufpassen, denn wie wir in der Werkstatt vorher gelernt hatten, viele verkaufen hier nur Gips. So war es auch hier. Weil mir die Kerle aber leid taten, kaufte ich ihnen eine Schildkröte und einen Frosch für 1€ ab. Noch 2 Souvenirs…

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Tempel von Karnak

Nun aber wechselten wir das Nilufer und fuhren hinüber nach Luxor. Hier führte uns der Weg zum berühmtesten altägyptischen Tempel. Es ging nach Karnak. Der Tempel dort wurde in der 11. Dynastie gestartet und bis ins römische Reich immer mehr erweitert. Hier war dann auch wieder etwas mehr Betrieb.

Inzwischen waren wir echt KO. Und da unser Hotel ohnehin direkt neben dem zweiten beeindruckenden Tempel lag, ließen wir uns nun dorthin bringen und verabschiedeten uns von unserem Taxifahrer. Der Luxortempel hat einen riesigen Vorteil – er hat bis 21 Uhr geöffnet. Und ein Besuch bei Dunkelheit ist aufgrund der beeindruckenden Beleuchtung absolut zu empfehlen.

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Tempel von Luxor, Allee der Sphingen

Die beiden Tempel von Luxor und Karnak sind 2,5 km voneinander entfernt, aber perfekt aufeinander ausgerichtet. Sie bildeten damals gemeinsam das größte religiöse Heiligtum der Ägypter. Rituelle Umzüge fanden jährlich statt.

Die beiden riesigen Tempel sind absolut beeindruckend. In Karnak gibt es mehr als ein Dutzend gigantische Portale mit beeindruckenden Reliefen. Bei beiden lohnt sich ein Guide, denn man kann die mythologische Bedeutung alleine kaum einordnen. Aber man kann sich ja auch einfach von den gigantischen Säulen und uralten Mauern überwältigen lassen.

Am Abend gingen wir dann noch ein bisschen in die kleine Stadt. Und man muss sagen, es ist schon traurig. Denn alle Touristen, die wir am Tag gesehen hatten, hatten sich wieder auf ihre Kreuzfahrtschiffe zurückgezogen, die zum Teil in 5er Reihen am Kai angelegt haben, und genossen das Buffet. Die Stadt aber ist sehr auf Tourismus ausgelegt. Es wimmelt geradezu von kleinen Lokalen und Souvenirständen, doch die sind alle leer. Im Restaurant wurde sich sogar erkundigt, ob noch mehr Leute im Hotel wären.

Am nächsten Tag stand dann der Rückflug an – zuerst von Luxor nach Kairo und von dort dann wieder nach Hause.

Ein Tag ist für Theben und Luxor definitiv zu wenig. Man sollte MINDESTENS einen Tag in Theben und einen Tag in Luxor planen, wenn man individuell unterwegs ist. Alles andere artet in Streß aus.

Witzig fühlt es sich schon an, wenn man die großartigen Sehenswürdigkeiten von Theben quasi für sich alleine hat. So kann man die Atmosphäre dort stärker spüren, sowohl die Atmosphäre vor 3000 Jahren als auch die Stimmung, die heute im Land herrscht.

Die Situation dort ist schon traurig. Die Sehenswürdigkeiten werden massiv von den Guards geschützt, die mit Maschinenpistolen rumlaufen und ihr bestes tun. Trotzdem kommen immer weniger Leute, um sich diese beeindruckenden historischen Stätten anzuschauen, die eigentlich auf jedermanns Bucket List gehören sollten. Andererseits kann man es aber auch verstehen. 3 Wochen vor unserem Abflug wurden in der Wüste 16 Mexikaner erschossen, weil ihr Camp für Terroristen gehalten wurde, 2 Wochen nachdem wir zurück waren, stürzte ein russischer Passagierjet ab. Und mir war es ja vorher auch etwas mulmig zu Mute.

Ich hoffe für die Leute dort wirklich sehr, dass sich die Lage irgendwann wieder beruhigt, bestenfalls bevor die Stätten dort zerstört sind. Diese uralten Mauern können Geschichten erzählen und tun dies auch in Form von Reliefs. Und ich hoffe sehr, dass auch meine Enkelkinder die Geschichten noch hören können.

In diesem Sinne

Eure Anke

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14 Kommentare

  1. Ägypten! Theben! Tempel! Ich bin total angefixt… Danke, dass ich mit euch entdecken darf. Ich finde den Artikel und vor allem die Fotos wirklich toll. Die Sicherheitslage ist… hmm, bedenklich. Aber offenbar ja nicht so schlimm, dass man sich abschrecken lassen sollte.

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  2. Zunächst einmal: HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ZUR HOCHZEIT.

    Für mich hört sich das alles nach einer wunderbaren Reise an. Das das Land momentan nicht hoch im Kurs bei Reisen steht ist traurig. Denn beeindruckende Geschichte, Kultur, Gastfreundschaft und einzigartige Landschaft vereint – das wird Ägypten immer bleiben. Hoffen wir, dass sich die Situation bald wieder verbessern wird, denn Besichtigungen neben Wachposten mit Maschinengewehren ist jetzt nicht unbedingt das, was mir auf Reisen gerne begegnet.

    Liebe Grüße
    Daniela

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    1. Witzig ist vor allem, wenn gefühlt pro 5 Touristen ein Maschinengewehr da ist. Aber im Karnack Tempel waren wir zum Beispiel Freitag Nachmittags – beste Gebetszeit, da hatten die Terroristen anderes zu tun 🙂

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  3. Auch von mir alles Gute zur Hochzeit.

    Habe ich das richtig verstanden, dass ihr nur 2/3 Tage insgesamt dort ward? Das wäre ja echt stressig für mich. Die Bilder sind wunderschön. Mich schreckt weniger die Terrorgefahr ab – das kann mittlerweile überall passieren – sondern eher der Massentourismus. Wobei auf euren Bildern sieht es ja echt ruhig aus 🙂

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    1. Ja, das war auch echt eng – leider war uns das vom Reiseunternehmen, was meine Schwiegereltern gebucht hatten, so vorgegeben – morgens ankommen, eine Nacht schlafen und früh morgens wieder weg. Wir waren auch alles andere als begeistert… Ich glaube, das mit der Terrorgefahr fällt einem eben nur dann besonders stark auf, wenn auf 5 Touris ein Maschinengewehr kommt (und an Orten wie Karnack oder dem Hatschepsut Tempek war das so) und dann gruselt es einem ganz besonders.

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  4. Oh mein Gott, das habt ihr alles in so kurzer Zeit geschafft?
    Das ist ja High-Speed-Reisen! Respekt.
    Wirklich traurig, wie es dort gerade um die Sicherheit steht. Irgendwie drehen die Menschen auf der ganzen Welt gerade etwas durch. Ich hoffe genau so wie du, dass bald überall wieder Frieden einkehrt!

    Liebe Grüße
    Nicole vom Reiseblog CicoBerlin

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  5. Ägypten hat mich auch vorher schon bevor es „Krisengebiet“ war, nicht sonderlich interessiert. Allerdings ist dein Artikel wirklich klasse und die Fotos sind echt schön geworden. 🙂

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  6. Ich bin ja Ägypten Fan durch und durch und kann nach mittlerweile 10 Aufenthalten nicht sagen, dass ich mich jemals unsicher gefühlt hätte. Ich war sogar mal in Marsa Alam als sich in Luxor ein Selbstmordattentäter gesprengt hat. DIe Einheimischen waren ganz entspannt und haben ihn nur als Idiot betitelt, der zum Glück niemanden geschadet hat.

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    1. Wirklich unsicher hab ich mich auch nur gefühlt, als der Taxifahrer nervös wurde – trotzdem ist es unschön, wenn überall Männer mit Maschinengewehr rumstehen (im ķloster in assuan hat der sogar im Schatten gepennt)

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